Seifenblase vor schwarzem Hintergrund.

„Jedes Merkmal einer Blase ist erfüllt“

Und dies schon sehr lange!!

Es ist nicht die Fra­ge ob, son­dern nur noch wann der Crash kommt!

Sel­ten waren Akti­en und Geld­an­la­ge so gefragt. Doch bei Exper­ten ver­stärkt sich das mul­mi­ge Gefühl eines Déjà-vu. Sie ver­wei­sen auf das Jahr 2000.

Geld­an­la­ge und die Bör­se sind gefragt wie sel­ten. Selbst Men­schen inter­es­sie­ren sich für Kapi­tal­an­la­gen, die die­se jahr­zehn­te­lang igno­rier­ten. Teils wird das begrüßt, weil ja die Men­schen nun end­lich die Chan­cen erkannt hät­ten, die das Inves­tie­ren bie­te. Doch bei man­chem alten Bör­sen­ha­sen ver­stärkt sich das mul­mi­ge Gefühl eines Déjà-vu. So etwa bei Björn Heis­sen­ber­ger, Ver­mö­gens­ver­wal­ter aus Zürich. Egal ob wei­che Kri­te­ri­en wie das hohe Bör­sen­in­ter­es­se oder hand­fes­te Zah­len: „Jedes Merk­mal einer Bla­se ist erfüllt“, sagt Heissenberger.

Meis­tens sei es ja unin­ter­es­sant, ob der Markt etwas teu­rer oder güns­ti­ger sei. „Aber jetzt ste­hen fast alle Indi­ka­to­ren auf Rekord­ni­veau. Akti­en in den USA sind immens hoch bewer­tet. Dort wer­den auch mehr Kauf­op­tio­nen auf Ein­zel­ak­ti­en erwor­ben als Akti­en selbst. Kre­dit­fi­nan­zier­te Wert­pa­pier­käu­fe haben erheb­lich zuge­nom­men. Vor allem aber ist in die­sem Jahr mehr Geld in ame­ri­ka­ni­sche Akti­en geflos­sen als ins­ge­samt in den zwei Jahr­zehn­ten davor.“

„Jeder will dabei sein, wo das größte Wachstum stattfindet“

Auch in Deutsch­land kommt man­cher Beob­ach­ter ins Grü­beln. So ver­zeich­ne­ten die soge­nann­ten Con­tracts for Dif­fe­rence (CFD), mit denen Anle­ger mit gerin­gem Kapi­tal­ein­satz, aber erhöh­tem Risi­ko auf Akti­en­kur­se spe­ku­lie­ren kön­nen, ein Rekord­jahr. Im drit­ten Quar­tal war laut dem CFD-Ver­band das Han­dels­vo­lu­men noch nie höher gewe­sen. Dabei nahm das durch­schnitt­li­che Volu­men je Trans­ak­ti­on zu, die Zahl der Trans­ak­tio­nen ging zurück. Anle­ger gin­gen also mehr ins Risiko.

NASDAQ 100

Das Schlim­me sei, dass alle das Glei­che kauf­ten, sagt Heis­sen­ber­ger: „Jeder will dabei sein, wo das größ­te Wachs­tum statt­fin­det. Auf die­se Wei­se wer­den immens hohe Prei­se bezahlt, was in den meis­ten Fäl­len nur mit einer Ent­täu­schung enden kann.“ In den so belieb­ten ETF steck­ten jetzt sehr vie­le teu­re Unter­neh­men, deren Bewer­tung vor allem durch eine hohe Nach­fra­ge nach Kauf­op­tio­nen getrie­ben wer­de. „Aber Akti­en sind immer noch Antei­le an rea­len Fir­men. Kauft man eine Aktie zum 50-Fachen des Gewinns, muss man in den kom­men­den Jah­ren mit nied­ri­gen Ren­di­ten rech­nen. Das gan­ze Stre­ben, unbe­dingt dabei sein zu wol­len, hat schon etwas Zwanghaftes.“

Die aktu­el­le Situa­ti­on wei­se gro­ße Ähn­lich­keit mit dem Bla­sen­jahr 2000 auf. Eigent­lich sei es noch schlim­mer, da die Gewinn­erwar­tun­gen noch höher sei­en als damals. „Aktu­ell wird ein lang­fris­ti­ger Gewinn­an­stieg je Jahr von durch­schnitt­lich 19 Pro­zent ein­ge­preist“, sagt Heis­sen­ber­ger. „Das gab es noch nie. Im Jahr 2000 auf der Spit­ze der Inter­net­bla­se waren es nur 15 Pro­zent.“ Dabei soll­ten die Wachs­tums­er­war­tun­gen ange­sichts der glo­ba­len Ver­schul­dung und der demo­gra­phi­schen Ent­wick­lung eigent­lich nied­ri­ger sein, fin­det er. Schon jetzt nag­ten höhe­re Roh­stoff­prei­se und Fracht­ra­ten sowie feh­len­de Arbeits­kräf­te an den Margen.

Aber wie­der spiel­ten Fun­da­men­tal­da­ten kei­ne gro­ße Rol­le. Wie­der wür­den hohe Bewer­tun­gen mit Phra­sen erklärt, etwa dass einem Unter­neh­men nun ein­mal die Zukunft gehö­re. Das aber recht­fer­ti­ge nicht jeden Preis. „2019 war Apple mit dem Elf­fa­chen des Gewinns bewer­tet, heu­te ist es in etwa der 30-fache Jah­res­ge­winn oder fast der acht­fa­che Jah­res­um­satz. Die Fir­ma ist gleich geblie­ben, nur der Preis hat sich geän­dert. Aber es wer­den nur noch die Chan­cen gesehen.“

„In einer Blase schützt auch Qualität nicht vor dem Crash“

Dan Suzu­ki, stell­ver­tre­ten­der Invest­ment-Vor­stand des Ver­mö­gens­ver­wal­ters Richard Bern­stein, beklagt, eini­ge Anle­ger sähen zwar die Gefahr, agier­ten aber halb­her­zig. Aus Angst, etwas zu ver­pas­sen, blie­ben vie­le in Bla­sen­sek­to­ren inves­tiert, vor allem in Tech­no­lo­gie­wer­ten. Das ver­such­ten sie dadurch wett­zu­ma­chen, dass sie ver­stärkt Qua­li­täts­wer­te inner­halb der über­be­wer­te­ten Bran­chen kauften.

„In einer Bla­se schützt auch Qua­li­tät nicht vor dem Crash“, sagt Suzu­ki und ver­weist eben­falls auf das Jahr 2000. Vie­le Anle­ger hät­ten da das­sel­be ver­sucht. Aber die Kur­se der Akti­en, die damals als „bewähr­te Markt­füh­rer“ gegol­ten hät­ten, wie Micro­soft oder Cis­co, sei­en auch um durch­schnitt­lich 84 Pro­zent abge­stürzt. Die eine Hälf­te habe ihre Höchst­kur­se nie wie­der erreicht, die ande­re habe dafür im Durch­schnitt 15 Jah­re gebraucht. Auch die Kur­se spä­te­rer Gewin­ner hät­ten sich sei­ner­zeit kaum bes­ser entwickelt.

Gera­de ein­mal 6 Pro­zent der Tech­no­lo­gie­ak­ti­en hät­ten sich damals bes­ser ent­wi­ckelt als der Markt – und die sei­en heu­te fast ver­ges­sen. „Der ein­zi­ge Weg, sich vor einer Bla­se zu schüt­zen, ist, sich so weit wie mög­lich von ihr zu ent­fer­nen“, sagt Suzu­ki. Vie­le der Pro­gno­sen für die tech­ni­sche Ent­wick­lung sei­en tat­säch­lich ein­ge­trof­fen, sagt Hans-Peter Schupp, Port­fo­lio­ma­na­ger des Fid­e­cum Con­tra­ri­an Value Fonds. „Aber die Wahr­schein­lich­keit, in einem sol­chen Umbruch die rich­ti­ge Aktie aus­zu­wäh­len, ist gering.“

Die Kur­se stark über­be­wer­te­ter Unter­neh­men, bei denen auf künf­ti­ge exor­bi­tant hohe Gewin­ne spe­ku­liert wer­de, sei­en im ver­gan­ge­nen Jahr stark ein­ge­bro­chen, sagt Jan Vie­big, Chef­an­la­ge­stra­te­ge der Oddo BHF Bank. „Schluss mit lus­tig“ möch­te man Inves­to­ren zuru­fen, die aus­schließ­lich in sol­chen Unter­neh­men anleg­ten. „Läuft die Gier dem Ver­stand vor­aus, dann erlei­det man irgend­wann hohe Ver­lus­te“, sagt Vie­big, der mit einer Fort­set­zung der Kor­rek­tur rech­net. Heis­sen­ber­ger erin­nert wie­der an das Jahr 2000. Auch damals sei­en erst die Kur­se der Hype-Akti­en gefal­len, dann die der Markt­füh­rer. Auch jetzt hiel­ten in der Soft­ware- und Tech­no­lo­gie­bran­che nur noch die ganz gro­ßen Tech-Akti­en den Markt oben.

In der Zwickmühle

Der Markt dre­he immer, sagt Schupp. Und nie­mand wis­se, wann und war­um. Dies zu pro­gnos­ti­zie­ren sei nicht mög­lich. Heis­sen­ber­ger will nicht aus­schlie­ßen, dass statt eines Crashs der Akti­en­markt in eine lang­fris­ti­ge vola­ti­le Seit­wärts­be­we­gung über­geht. Die The­se, dass die­ser auf einem lang­fris­tig hohen Bewer­tungs­ni­veau blei­be und eher risi­ko­är­mer wer­de, weil die Zen­tral­ban­ken star­ke Schwan­kun­gen ver­mei­den woll­ten, hält er aber für mutig. In Japan kau­fe die Noten­bank schon lan­ge Akti­en-ETF, und der Markt sei nach wie vor vola­til. „War­um soll­te das in den USA anders wer­den?“ Und das mit dem dau­er­haf­ten Bewer­tungs­pla­teau habe man schon 1928 gehört. Aber es gebe immer wie­der neue Gene­ra­tio­nen unbe­darf­ter Käufer.

Als Ver­mö­gens­ver­wal­ter sei es fahr­läs­sig, ein­fach wei­ter­zu­ma­chen wie bis­her. „Ver­mö­gens­ver­wal­ter befin­den sich in der Zwick­müh­le: Macht man mit, sind erst ein­mal alle glück­lich. Aber am Ende muss man den Kun­den die Ver­lus­te erklä­ren. Vie­le schie­ben es dann ein­fach auf den Markt. Agiert man jedoch in der Spät­pha­se der Hausse vor­sich­tig, hagelt es Rück­fra­gen.“ Heis­sen­ber­ger setzt schon län­ger auf nied­ri­ge Akti­en­quo­ten und „Lang­wei­ler­ak­ti­en“, etwa den Bau­stoff­her­stel­ler Sto, der „Super-Zah­len“ auf­wei­se und nied­rig bewer­tet sei. Das mache die Rück­schlag­ge­fahr deut­lich gerin­ger. Das Akti­en­ri­si­ko sei­ner Kun­den senkt er durch Absi­che­rung der Port­fo­li­os gegen den teu­ren ame­ri­ka­ni­schen Akti­en­markt. Die Wert­ent­wick­lung sei wegen des star­ken Akti­en­markts genau­so gut. „Alles, was ich sagen kann, ist: Es gilt vor­sich­tig zu sein“, sagt der Ver­mö­gens­ver­wal­ter. „Man soll­te machen, was logisch ist und Sinn ergibt und las­sen, was irra­tio­nal ist.“

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