Greensill Capital — Deutsche Sparer betroffen

goingpublic.de

Greens­ill Capi­tal will laut Medi­en­be­rich­ten in Aus­tra­li­en Insol­venz anmel­den. Das aus­tra­lisch-bri­ti­sche Unter­neh­men von Lex Greens­ill soll erheb­li­che finan­zi­el­le Pro­ble­me haben. Das wirkt sich auch auf die in Bre­men ansäs­si­ge Greens­ill Bank aus, die 2014 von Greens­ill Capi­tal über­nom­men wur­de – und direkt auf die deut­schen Spa­rer, die hier ihr Geld geparkt haben.

Die Bre­mer Toch­ter wirbt mit im Ver­gleich hohen Zin­sen um Pri­vat­kun­den – unter ande­rem hat das Insti­tut auf Ver­gleichs­por­ta­len wie Zins­pi­lot oder Welt­spa­ren, hin­ter dem das Fin­tech Rai­sin steht, in Deutsch­land Ein­la­gen ein­ge­wor­ben. Greens­ill warb mit Zin­sen von bis zu 0,25% auf Fest­geld­kon­ten mit ein­jäh­ri­ger Lauf­zeit. Wer ein USD-Kon­to eröff­ne­te, erhielt bis zu 0,9%. Die Min­dest­an­la­ge­sum­me beträgt 20.000 Euro. Auf Anfra­ge erklär­te eine Rai­sin-Spre­che­rin gegen­über dem „Han­dels­blatt“, dass 15.000 Kun­den über Welt­spa­ren ein Tages- oder Fest­geld­kon­to abge­schlos­sen haben. „Das ver­mit­tel­te Volu­men an die Greens­ill Bank AG beträgt meh­re­re 100 Mio. EUR.“

Für die Medi­en ist das Insti­tut vor­erst nicht erreich­bar. Laut Jah­res­ab­schluss 2019 hat die Greens­ill Bank gegen­über ihren Kun­den Ver­bind­lich­kei­ten in Höhe von 3,3 Mrd. EUR – und ist eng ver­wo­ben mit der Mut­ter­ge­sell­schaft, die offen­bar insol­vent ist. Die Rating­agen­tur Scope mel­de­te im ver­gan­ge­nen Jahr, die Greens­ill Bank sei in ihren Geschäf­ten kom­plett abhän­gig von Greens­ill Capital.

Dass sich eine Insol­venz des aus­tra­lisch-bri­ti­schen Kon­zerns auf die Greens­ill Bank aus­wir­ken wür­de, ist klar – Anle­ger, die bei dem Insti­tut ihr Gespar­tes geparkt haben, sehen ihr Geld in Gefahr. Aller­dings ist eine Sum­me bis 100.000 EUR durch die Ein­la­gen­si­che­rung in Deutsch­land geschützt. Alles, was dar­über hin­aus­geht, ist ein mög­li­cher Ver­lust für Anle­ger. Doch auch hier: Die Bre­mer Bank ist Teil des Ein­la­gen­si­che­rungs­fonds der pri­va­ten deut­schen Ban­ken. Über die­ses Vehi­kel kann jeder Kun­de eine höhe­re Ent­schä­di­gung bean­spru­chen. Zudem: Die Finanz­auf­sicht Bafin hat die Bre­mer Bank bis dato nicht unter Mora­to­ri­um gestellt. Es wur­de laut Medi­en­be­rich­ten ein Son­der­be­auf­trag­ter in die Bank ent­sen­det. Zudem sei­en Ver­tre­ter der Ein­la­gen­si­che­rung zu einem Tref­fen zusam­men­ge­kom­men, um etwa­ige Ver­bind­lich­kei­ten zu bespre­chen. Aller­dings beton­ten die Welt­spa­ren-Spre­che­rin gegen­über dem „Han­dels­blatt: „Fakt ist, es liegt der­zeit kein Ein­la­gen­si­che­rungs­fall für die Greens­ill Bank AG vor.“

Der­weil been­den ver­schie­de­ne Fonds die Zusam­men­ar­beit mit dem ope­ra­ti­ven Arm von Greens­ill Capi­tal in Lon­don. Das Schwei­zer Fonds­haus GAM will laut „Spie­gel“, den mit Greens­ill betrie­be­nen GAM Greens­ill Sup­p­ly Chain Finan­ce Fonds abwi­ckeln. Bereits Anfang der Woche hat außer­dem die Schwei­zer Groß­bank Cre­dit Suis­se den Han­del mit Fonds im Gesamt­vo­lu­men von 10 Mrd. USD zunächst ein­ge­stellt. Greens­ill Capi­tal ver­liert dadurch wich­ti­ge Finanzierungsquellen.

Der Kon­zern ver­sucht, den Scha­den durch einen Not­ver­kauf ein­zu­däm­men. Das Unter­neh­men steht laut „Bloom­berg“ in Ver­hand­lun­gen mit Apol­lo. Die Ent­schei­dung über den Deal könn­te noch in die­ser Woche fal­len – sie dürf­te das wei­te­re Schick­sal von Greens­ill Capi­tal und den Toch­ter­ge­sell­schaf­ten bestim­men, eben­so über die Spar­ein­la­gen der Greens­ill Bank-Kun­den. Zudem hat Greens­ill Capi­tal laut Medi­en­be­rich­ten bereits eine wei­che Form des Gläu­bi­ger­schut­zes beauf­tragt, die Safe Har­bour Position.

4. März 2021 n‑tv

Die Bafin zieht bei der Greens­ill Bank die Reiß­lei­ne. Wegen dro­hen­der Über­schul­dung stoppt die Finanz­auf­sicht jeg­li­che Aus- und Ein­zah­lun­gen des Insti­tuts. Der Kun­den­ver­kehr wird geschlos­sen. Zudem erhär­tet sich der Ver­dacht der Bilanzmanipulation.

Die Finanz­auf­sicht Bafin macht die in Tur­bu­len­zen gera­te­ne Bre­mer Greens­ill Bank AG dicht. Die Toch­ter des Finanz­kon­glo­me­rats Greens­ill wer­de mit sofor­ti­ger Wir­kung für den Kun­den­ver­kehr geschlos­sen, teil­te die Finanz­auf­sicht mit. Durch das Mora­to­ri­um sol­len Ver­mö­gens­wer­te gesi­chert wer­den. Wegen dro­hen­der Über­schul­dung wur­de ein Ver­äu­ße­rungs- und Zah­lungs­ver­bot erlas­sen. Zugleich stell­te die Auf­sicht Straf­an­zei­ge gegen das Insti­tut, wie ein Spre­cher der Bre­mer Staats­an­walt­schaft auf Anfra­ge sag­te. Laut “Finan­cial Times” besteht der Ver­dacht auf Bilanz­ma­ni­pu­la­ti­on. Dies habe sich aus einer Bilanz­prü­fung der Wirt­schafts­prü­fungs­ge­sell­schaft KPMG ergeben.

Die Greens­ill Bank AG hat der Bafin zufol­ge kei­ne sys­te­mi­sche Rele­vanz. Ihre Not­la­ge stel­le daher kei­ne Bedro­hung für die Finanz­sta­bi­li­tät dar. Die Bilanz­sum­me des in Bre­men ansäs­si­gen Insti­tuts belief sich Ende 2020 auf rund 4,5 Mil­li­ar­den Euro. Die Bafin hat­te bereits einen Son­der­be­auf­trag­ten bei der Bank eingesetzt. 

Die Bre­mer Greens­ill Bank AG ist aus der Nord­fi­nanz Bank her­vor­ge­gan­gen. Das Insti­tut bie­tet neben Finan­zie­run­gen für Unter­neh­men auch Tages- und Fest­geld­an­la­gen an und lock­te dabei mit unge­wöhn­lich hohen Zin­sen. Die Pri­vat­bank gehört zur Greens­ill Grup­pe. 2011 vom Ex-Ban­ker Lex Greens­ill gegrün­det, spielt das Unter­neh­men eine wich­ti­ge Rol­le bei der Finan­zie­rung von Lie­fer­ket­ten. Dabei geht es um einen kurz­fris­ti­gen Bar­geld­vor­schuss, der Unter­neh­men Zeit gibt, um Lie­fe­ran­ten zu bezahlen. 

Greensill versteht sich als Refinanzierer

Greens­ill Capi­tal zahlt einem Lie­fe­ran­ten schnel­ler die Rech­nung als es der Auf­trag­ge­ber könn­te — und bekommt dafür einen Rabatt. Die Greens­ill Bank AG ver­steht sich der Bafin zufol­ge als Refi­nan­zie­rer für die Grup­pe. Die For­de­run­gen bün­del­te Greens­ill in anlei­he­ähn­li­chen Wert­pa­pie­ren und ver­kauf­te sie an Inves­to­ren. Zuletzt kamen Inves­to­ren Medi­en­be­rich­ten zufol­ge aller­dings Zwei­fel, was die Finanz­grup­pe unter Druck setz­te. Greens­ill Capi­tal sitzt in Lon­don, der Mut­ter­kon­zern Greens­ill Capi­tal in Australien.

Die Bank hat­te ange­sichts der dro­hen­den Insol­venz zuvor bereits ver­sucht, ihre Kun­den zu beru­hi­gen. Ein Spre­cher des Insti­tuts erklär­te, die Spar­ein­la­gen der Kun­den sei­en geschützt durch den Ein­la­gen­si­che­rungs­fonds der deut­schen Pri­vat­ban­ken. Die Ver­bind­lich­kei­ten gegen­über Kun­den belie­fen sich Ende 2019 laut Jah­res­ab­schluss der Bank auf knapp 3,3 Mil­li­ar­den Euro. Etwa eine Mil­li­ar­de davon sam­mel­te das Insti­tut über Por­ta­le wie “Welt­spa­ren” und “Zins­pi­lot” von Pri­vat­an­le­gern ein, wie aus einem Bericht der Rating­agen­tur Scope her­vor­geht. Der Rest ent­fällt auf insti­tu­tio­nel­le Anle­ger und Firmenkunden. 

Bei dem vom Fin­tech Depo­sit Solu­ti­ons betrie­be­nen Online-Por­tal “Zins­pi­lot” gebe es Anfra­gen von Kun­den, die ihr Geld bei der Bre­mer Bank ange­legt haben, wie eine Spre­che­rin des Fintechs sag­te. Die Bank habe das Unter­neh­men zudem dar­über infor­miert, kei­ne zusätz­li­chen Ein­la­gen auf­neh­men zu wol­len. Dar­auf­hin sei­en die Greens­ill-Pro­duk­te aus dem Ange­bot genom­men wor­den. Beim Fin­tech Rai­sin, das die Platt­form “Welt­spa­ren” betreibt, hieß es, man habe an 15.000 Kun­den Fest­gel­der bei Greens­ill Bank ver­mit­telt im Volu­men von meh­re­ren hun­dert Mil­lio­nen Euro. 

Schmutziger Deal mit Stahlmagnat?

Über den Ein­la­gen­si­che­rungs­fonds der pri­va­ten Ban­ken sind Spar­ein­la­gen von Pri­vat­kun­den abge­si­chert. Im Fall von Greens­ill mit bis zu 75 Mil­lio­nen Euro pro Kun­de. Die Ein­la­gen von insti­tu­tio­nel­len Inves­to­ren wie Ban­ken, ande­ren Finanz­in­sti­tu­ten, Wert­pa­pier­fir­men und Gebiets­kör­per­schaf­ten sind seit dem 1. Okto­ber 2017 grund­sätz­lich nicht mehr geschützt. Der Fonds greift im Fal­le einer Insol­venz einer Bank. Durch das ver­han­ge­ne Mora­to­ri­um könn­te die­ser Fall nun eintreten.

Die Greens­ill Bank steht Insi­dern zufol­ge schon län­ger im Visier der Bafin. Bereits seit dem ver­gan­ge­nen Som­mer prüft sie dort die Vor­gän­ge. Ein Son­der­be­auf­trag­ter der Bun­des­bank kon­trol­liert nun die Geschäf­te von Greens­ill, wie eine Spre­che­rin der Bun­des­bank sag­te. Hin­ter­grund ist Medi­en­be­rich­ten zufol­ge, dass die Bank einen gro­ßen Teil ihrer Einla­gen als Darle­hen an die Unter­neh­men des indisch-bri­ti­­schen Stahl­ma­gna­ten San­jeev Gupta ausge­ge­ben haben soll. Des­sen Fir­ma Liber­ty Steel ist mit der Über­nah­me der Stahl­spar­te von Thys­senkrupp gescheitert. 

Quel­le: ntv.de, mba/rts/dpa

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