Von Jan Gänger
So viel Geld wie im vergangenen Quartal hat Tesla noch nie verdient. Allerdings stammt der Löwenanteil der Gewinne nicht aus dem Verkauf von Autos. Und ohne Bitcoin-Spekulation hätte Tesla sogar einen Verlust melden müssen.
Gemeinhin wird angenommen, dass Autohersteller ihr Geld mit dem Verkauf von Autos verdienen. Bei Tesla ist das nicht der Fall — zumindest noch nicht. Dabei hat der E‑Auto-Pionier in den ersten drei Monaten des Jahres seinen bislang höchsten Quartalsgewinn erwirtschaftet und unterm Strich 438 Millionen Dollar verdient. Der Umsatz kletterte auf knapp 10,4 Milliarden Dollar.
Tesla Motors (USD)
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Das Problem: Der Löwenanteil des Gewinns kommt auch in diesem Quartal aus dem Handel mit Abgaszertifikaten, die andere Autobauer benötigen, um ihre Emissionsbilanz aufzubessern und so gesetzliche Vorgaben etwa in Kalifornien oder Europa zu erfüllen. Da Tesla keine Verbrenner verkauft, ist das für das Unternehmen von Elon Musk ein gutes Geschäft. Im ersten Quartal nahm es damit 518 Millionen Dollar von der Konkurrenz ein. Vor Steuern verdiente Tesla 533 Millionen Dollar — rechnet man die Gewinne aus dem Zertifikate-Handel raus, bleiben allerdings nur 15 Millionen Dollar Gewinn übrig.
Neu ist, dass der Autohersteller im Quartal auch durch den Handel mit Bitcoins kräftig verdient hat — rund 100 Millionen Dollar. Tesla hatte sich im Februar für 1,5 Milliarden Dollar mit Bitcoins eingedeckt und dann nach einem kräftigen Kursanstieg einen Teil davon wieder verkauft. Ohne die riskante Wette hätte Tesla im Quartal also unter dem Strich einen Verlust eingefahren. Dass ein Autohersteller fast ein Viertel des Nettogewinns durch Spekulation mit einer Kryptowährung erwirtschaftet, dürfte bei anderen Unternehmen Grund zur Besorgnis sein. Bei Tesla ist das offenbar nicht der Fall. Der Aktienkurs gab in New York zwar nach, doch das Minus fiel mit 2,5 Prozent moderat aus.
Die Börse glaubt jedenfalls an den Erfolg des Unternehmens. Mit einem Börsenwert von mehr als 700 Milliarden Dollar ist Tesla das sechstwertvollste börsennotierte Unternehmen in den USA. Musk — gleichzeitig Chef des Raketenherstellers SpaceX — ist es gelungen, das Auto-Startup zu einer Kultmarke zu machen. Daher wird Tesla nicht nach Kriterien der Automobilindustrie bewertet, sondern nach den Maßstäben von Tech-Unternehmen. Zwischen März 2020 und Ende Januar 2021 hatte sich der Kurs der Tesla-Aktie auf rund 900 Dollar verzehnfacht. Derzeit kosten die Papiere immerhin knapp 740 Dollar.
Die Konkurrenz holt auf
Autoanalyst: “Gibt bei Tesla hier und da Probleme”
Der Rücksetzer hat damit zu tun, dass mittlerweile auch die etablierten Konzerne ihren Fokus auf E‑Mobilität setzen und schnell aufholen. Das heißt: Sie müssen immer weniger Verschmutzungszertifikate kaufen. Teslas lukrative Einnahmequelle wird mittelfristig versiegen. Doch eine Zeit lang wird das Unternehmen damit noch ordentlich Geld verdienen.
Derweil ist Tesla dabei, seine Produktionskapazitäten weltweit zu erhöhen und so dauerhaft im Kerngeschäft hohe Gewinne einzufahren. Ob das gelingt, ist offen. Tesla lieferte im ersten Quartal 184.877 E‑Autos aus — das entspricht im Vergleich zum Vorjahr mehr als einer Verdopplung und einer neuen Bestmarke in der Geschichte des 2003 gegründeten Konzerns. Besonders in China ist die Nachfrage hoch.
Ungeachtet steigender Konkurrenz durch etablierte Autobauer wie Volkswagen oder General Motors, die ins Elektrosegment vordringen, hält Tesla an seinen Wachstumszielen für das laufende Jahr fest. Das Unternehmen rechnet weiterhin mit einer Steigerung der weltweiten Auslieferungen um rund 50 Prozent. 2020 hatte Tesla über eine halbe Million E‑Autos an die Kundschaft gebracht. Der Bau und Betriebsstart neuer Autofabriken in Grünheide nahe Berlin und im US-Bundesstaat Texas soll das Wachstum in diesem Jahr zusätzlich beschleunigen.
Quelle: ntv.de, mit rts/dpa