Von Diana Dittmer
Tesla-Chef Musk verdient erstmals mit dem Verkauf von Autos richtig Geld. Autoexperte Dudenhöffer lobt vor allem Einsparungen durch neue Batterien. Nach CO2-Zertifikaten und Bitcoin sorgt ein neuer Abo-Geschäftszweig für Fantasien. Aber die Verfolger lassen nicht locker.
Mit spektakulären Ankündigungen und teuren Neuentwicklungen hat Elektroautopionier Tesla in der Vergangenheit kein Problem gehabt, die traditionellen Autobauer vor sich herzutreiben. Die Einnahmen dagegen, vor allem womit er Geld verdiente, ließ Wünsche offen. Im zweiten Quartal hat sich das nun geändert, Tesla ist in seinem Kerngeschäft endlich profitabel.
Mit 200.000 Autos lieferte Konzern-Chef Elon Musk so viele Autos aus wie noch nie zuvor. die Erwartungen der Experten wurden dank höherer Preise und Einsparungen übertroffen. Beobachter überschlagen sich mit Lob: Tesla beeindrucke, weil “der Großteil der Einnahmen aus Fahrzeugverkäufen stammt”, sagt Jesse Cohen, Senior Analyst vom Portal Investing.com. “Das ist kein kleiner Nischenanbieter mehr, das ist ein Großunternehmen”, kommentiert auch Jürgen Piper vom Bankhaus Metzler bei ntv.
Einsparungen durch neue Batterien
Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer verortet den ersten Milliardengewinn vor allem in China. “Man muss Elon Musk ein großes Kompliment machen”, sagt der Leiter des Duisburger Center for Automotive ntv.de. Mit dem Einsatz von Eisen-Phosphat-Batteriezellen vom chinesischen Batteriehersteller CATL habe es Musk geschafft, bei der Basisausstattung des Model 3, das für den chinesischen Markt gebaut werde, “den größten Kostenblock, die Batterie, deutlich kostengünstiger zu machen”.
Der Tesla-Umsatz stieg um 1,6 Milliarden US-Dollar auf 10,2 Milliarden gegenüber dem Vorquartal. Gleichzeitig sanken die operativen Kosten um 49 Millionen US-Dollar auf 1,57 Milliarden. “Das geht nur mit großen Innovation im Kostenbereich”, so Dudenhöffer. Tesla bleibe dadurch bei der kostenträchtigsten Komponente des Elektroautos die Benchmark für die klassischen Autobauer.
Weiteres Einsparpotenzial zeichnet sich zudem ab: “Spannend wird der Einsatz der größeren 4680 Batteriezelle bei Tesla in den nächsten Monaten”, prognostiziert der Autoexperte. “Aus heutiger Sicht verspricht sie eine weitere deutliche Kostensenkung bzw. Reichweitenerhöhung der Fahrzeuge.”
Erstmals Gewinn ohne CO2-Zertifikate
Viel Kritik musste Tesla in der Vergangenheit einstecken, weil der Konzern sein Geld mit CO2-Zertifikaten oder auch Einnahmen aus Kursgewinnen seiner Bitcoin-Bestände machte — und nicht mit seiner Hardware, dem E‑Auto. Auch das hat sich im zweiten Quartal geändert. Der Gewinn durch CO2-Gutschriften schrumpfte um 164 Millionen US-Dollar im Vergleich zum Vorquartal. Trotzdem macht Tesla einen Riesensprung beim Gesamtgewinn.
Gewinne aus Bitcoin-Beständen schlugen diesmal ebenfalls weniger zu Buche. Wegen Kursverlusten musste Tesla im zweiten Quartal sogar 23 Millionen Dollar abschreiben.
Auch bei anderen Themen hat der E‑Autopionier die Spur gewechselt: Bewegung gab es zuletzt beim viel kritisierten Kostenpunkt Fahrassistenz-System. Mit einem neuen Abo-Modell will man unentschlossenen Kunden entgegenkommen, unterm Strich ist es laut Morgan Stanley dabei viel lukrativer als das ursprüngliche Modell. Die US-Investmentbank ist überzeugt, dass Tesla am Ende mit dem Verkauf von Software-Abonnements sogar deutlich mehr Geld verdienen könnte als mit dem Verkauf seiner Fahrzeuge.
Ist das Abo-Modell die künftige Geldmaschine?
Die Rechnung der Experten ist simpel: Für das eingeführte Full Self-Driving-Monatsabo bezahlen Abonnenten 199 US-Dollar pro Monat — das ist deutlich mehr als erwartet. Der Vorabpreis für die Software liegt bei 10.000 Dollar. Auf eine 15-jährige Nutzungsdauer für ein Tesla-Fahrzeug hochgerechnet bedeutet der Einmalpreis Kosten von 56 US-Dollar im Monat. Am Ende ist ein Abo demnach dreieinhalb Mal so teuer wie die Einmalanschaffung. Morgan Stanley wittert ein Milliardengeschäft. Den Prognosen der Bank zufolge wird die derzeitige Flotte von 1,5 Millionen Fahrzeugen bis Ende des Jahrzehnts auf 35 bis 40 Millionen anwachsen — und die Einnahmen aus dem Abo-Geschäft beträchtlich wachsen.
Die US-Zeitung “Barron’s” zitiert in diesem Zusammenhang den New Street Research-Analysten Pierre Ferragu. Er schätzt, dass Tesla bis 2030 rund 7000 US-Dollar Gewinn aus dem Verkauf eines Autos und fast 23.000 US-Dollar aus dem Verkauf von Abonnements für die Fahr-Software erzielen wird.
Auch Autoexperte Dudenhöffer hält das Abomodell von Tesla für “interessant”. Ein Alleinstellungsmerkmal sei es jedoch nicht. “Daran arbeiten ja heute alle, auch der VW-Konzern mit seiner CARIAD-Gesellschaft oder Daimler, Geely, etc. Software zeitweise zu verkaufen, etwa über Abo oder OTA (Over The Air) wird das neue Geschäftsmodell. Die Frage ist wie schnell.”
Teslas Vorsprung schrumpft
Frank Schwope von der NordLB überzeugt das Tesla-Abo nicht. Dass es gar ein “Gamechanger” sein könnte, wie Morgan Stanley es vorrechnet, glaubt er keinesfalls. “Es handelt sich ja nicht um ein selbstfahrendes Auto. Sicherlich sind etliche Leute bereit, für einige Features zusätzliches Geld zu berappen. Allerdings dürften Waymo und Cruise bezüglich des Autonomen Fahrens deutlich weiter sein als Tesla”, sagt er ntv.de.
Der Druck der etablierten Automobil-Hersteller auf Tesla habe enorm zugenommen. Volkswagen und Daimler hätten ihre Elektrostrategien jüngst deutlich “beschleunigt”. Bereits nächstes Jahr könnte Volkswagen bezüglich der Verkaufszahlen von Elektroautos auf Augenhöhe mit Tesla liegen, schreibt Schwope in einer Kurzstudie.
Der Vorsprung des E‑Autopioniers schrumpft demnach weiter. Letztlich dürfte das der Grund sein, warum Morgan Stanley trotz der Milliardenprognose das Kursziel von 900 US-Dollar beibehalten hat. Auch die Anleger spornen die erfolgreichen Zweitquartalszahlen erstmal nicht zu Käufen an.
Quelle: ntv.de