Grafik: Bettler sitz zu Füßen eines Mannes im Anzug. Im Hintergrund eine reißende Deutschlandfahne.

So versagen die Staatshilfen

Kein Staats­kre­dit bei Insol­venz
Adler fällt durch das Coro­na-Hil­fe-Ras­ter

Vor der Pan­de­mie war die tra­di­ti­ons­rei­che Mode­ket­te Adler kern­ge­sund. Dann rutsch­te sie infol­ge der Schlie­ßung des Ein­zel­han­dels in die Insol­venz. Einen staat­li­chen Hilfs­kre­dit bekommt die Fir­ma den­noch nicht. Der Fall offen­bart eine gefähr­li­che Schief­la­ge bei den Corona-Hilfen.

Die in der Pan­de­mie ins Strau­cheln gera­te­ne Adler Mode­märk­te AG fühlt sich von der Bun­des­re­gie­rung im Stich gelas­sen. Das Unter­neh­men bekom­me aus der staat­li­chen Über­brü­ckungs­hil­fe III — dem zen­tra­len Hilfs­pro­gramm des Bun­des — trotz unver­schul­de­ter Finanz­pro­ble­me kein Geld, da es sich in einem Insol­venz­ver­fah­ren befin­det, sag­te Vor­stands­chef Tho­mas Freu­de. Fir­men bekom­men dar­über Zuschüs­se zu betrieb­li­chen Fix­kos­ten. Das Unter­neh­men aus Hai­bach bei Aschaf­fen­burg mit etwa 3200 Mit­ar­bei­tern befin­det sich seit Janu­ar im Pro­zess einer Insol­venz in Eigen­ver­wal­tung. Dem insol­ven­ten Unter­neh­men droht kurz vor dem Abschluss der Suche nach einem Inves­tor das Geld aus­zu­ge­hen, warn­te Freude.


Droht eine Plei­te­wel­le?
Wirt­schafts­wei­se: “Die Ent­wick­lung ist zweigeteilt”


Freu­de zufol­ge war Adler vor der Coro­na-Pan­de­mie kern­ge­sund. “Wir hat­ten kei­ner­lei Bank­ver­bind­lich­kei­ten.” Durch das staat­lich ver­ord­ne­te Schlie­ßen der mehr als 140 deut­schen Stand­or­te habe Adler seit März 2020 aller­dings rund 280 Mil­lio­nen Euro Umsatz ein­ge­büßt. Das Onlin­ege­schäft kön­ne dies kaum auf­fan­gen, auch weil die Kern­ziel­grup­pe 50 plus lie­ber in einem Laden ein­kau­fe als im Internet.

Zwar sei ein soge­nann­ter Mas­se­kre­dit — der Kre­dit­ge­ber steht dabei in der Lis­te der Gläu­bi­ger ganz weit oben — in Höhe von 20 Mil­lio­nen Euro auf­ge­nom­men wor­den, die­sen kön­ne man aber nicht belie­big erhö­hen. Adler benö­ti­ge zusätz­lich ein Dar­le­hen aus Ber­lin in Höhe von rund 10 Mil­lio­nen Euro aus dem Wirt­schafts­sta­bi­li­sie­rungs­fonds. Das ist der staat­li­che Ret­tungs­schirm in der Coro­na-Kri­se. Es gehe nicht um Geschen­ke, das Geld wer­de mit Zin­sen zurück­ge­zahlt, sag­te Freu­de. “Bun­des­fi­nanz- und Bun­des­wirt­schafts­mi­nis­te­ri­um sper­ren sich jedoch trotz ein­dring­li­cher Hin­wei­se auf die hier­aus resul­tie­ren­den Kon­se­quen­zen für die rund 3200 Ange­stell­ten von Adler gegen die Zusa­ge eines Dar­le­hens”, teil­te Adler mit.

“Insol­venz ist ein Sanierungsinstrument”

Das Bun­des­wirt­schafts­mi­nis­te­ri­um woll­te “zu lau­fen­den Prü­fun­gen des Wirt­schafts­sta­bi­li­sie­rungs­fonds kei­ne Aus­kunft geben”, wie die Pres­se­stel­le des Minis­te­ri­ums mit­teil­te. Das Bun­des­fi­nanz­mi­nis­te­ri­um reagier­te bis­lang nicht auf eine Anfra­ge. Der Ver­band der Insol­venz­ver­wal­ter Deutsch­lands (VID) kri­ti­sier­te den pau­scha­len Aus­schluss insol­ven­ter Unter­neh­men von den Coro­na-Hil­fen. “Die Insol­venz ist ein Sanie­rungs­in­stru­ment”, sag­te der Ver­bands­vor­sit­zen­de Chris­toph Nier­ing. “Es gibt der­zeit aber nur eine Poli­tik der Ver­mei­dung von Insol­ven­zen um jeden Preis.”


Job­ab­bau und Fili­al­schlie­ßun­gen
Coro­na-Kri­se zwingt H&M, Pim­kie und Pro­mod in die Knie


Dabei bräuch­ten auch die vie­len Unter­neh­men Unter­stüt­zung, vom Fri­seur über Hand­wer­ker bis hin zu gro­ßen Han­dels­un­ter­neh­men, die Coro­na-bedingt in finan­zi­el­le Schief­la­ge gera­ten oder bereits insol­vent sei­en. Es kön­ne nicht gewollt sein, dass die­se womög­lich ihre Insol­venz ver­schlepp­ten, um wei­ter staat­li­che Hil­fe zu bekom­men, sag­te Nier­ing. Doch bis­her hiel­ten sich sowohl das Bun­des­fi­nanz- als auch das Bun­des­wirt­schafts­mi­nis­te­ri­um in die­ser Pro­ble­ma­tik trotz ent­spre­chen­der Anfra­gen zurück und ver­wie­sen dabei auf das ent­ge­gen­ste­hen­de EU-Beihilferecht.

“Hier ist ein Unter­neh­men in Gefahr, durch den Lock­down unter­zu­ge­hen. Das muss drin­gend ver­hin­dert wer­den”, sag­te der Bun­des­fach­grup­pen­lei­ter Ein­zel- und Ver­sand­han­del der Gewerk­schaft Ver­di, Orhan Akman. Der Bund und das Land Bay­ern sei­en gefragt.

Die pan­de­mie­be­ding­ten Beschrän­kun­gen zwin­gen immer mehr Tex­til­händ­ler in die Knie, so auch Gale­ria Kar­stadt Kauf­hof, Esprit und Sinn. Rei­hen­wei­se haben bekann­te deut­sche Mode­händ­ler seit Beginn der Coro­na-Kri­se Ret­tung in Insol­venz­ver­fah­ren suchen müs­sen. Vie­len Unter­neh­men ging es dabei schon zuvor nicht gut: Dem Sie­ges­zug des Online­han­dels und dem Erfolg von Fast-Fashion-Anbie­tern wie Pri­mark oder Zara hat­ten sie nur wenig entgegenzusetzen.

Die Adler-Grup­pe erziel­te nach eige­nen Anga­ben im Jahr 2019 einen Umsatz von 495,4 Mil­lio­nen Euro und einen Nach­steu­er­ge­winn von 5,1 Mil­lio­nen Euro. Gegrün­det wur­de das Unter­neh­men 1948 als Kon­fek­ti­ons­be­trieb in Anna­berg (Sach­sen). Für Adler inter­es­sie­ren sich laut Vor­stands­chef Freu­de der­zeit vie­le Investoren.

Quel­le: ntv.de, mbo/dpa/rts

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